Die Zwangssterilisation von reichsweit etwa 400.000 Menschen erfolgte nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN) am 1. Januar 1934. Die Folgen für die Opfer waren schwerwiegend „Mindestens 5000 Frauen und etwa 600 Männer starben bei diesen Eingriffen“. Viele Überlebende litten zeit ihres Lebens unter den körperlichen, seelischen und sozialen Folgen. Am 11. September 1934 beantragte der Stadtrat der Stadt Landsberg bei der Regierung von Oberbayern das Landsberger Krankenhauses als durchführende Anstalt für Zwangssterilisationen anzuerkennen.
Nur wenige Jahre später wurde begonnen, nicht nur die Krankheiten, sondern auch die Kranken auszurotten. Bereits Ende 1939 wurde damit begonnen, mittels Meldebögen langjährige Anstaltsinsassen zu erfassen, die im Rahmen der sogenannten T4-Aktion getötet werden sollten. Noch bevor die systematische Massenvernichtung der Juden in den Gaskammern der Vernichtungslager begann, wurden etwa 70.000 kranke und behinderte Menschen in Tötungsanstalten vergast. Nach dem Ende der Vergasungen wurden die Krankentötungen in Heil- und Pflegeanstalten bis Kriegsende, teils auch darüber hinaus fortgesetzt. Insgesamt wurden vermutlich etwa 200.000 Menschen Opfer der sogenannten Euthanasie.
Zu Zwangssterilisationen und den zentralen und dezentralen Tötungen von Landsberger Bürgern gab es bis zum Jahr 2015 keine Untersuchungen. Unser großer Dank gilt daher Frau Isolde Wolf, die sich in ihrer Masterarbeit diesem Thema widmete und damit für die Stadt und den Landkreis Landsberg Pionierarbeit leistete. Kernziel ihrer Arbeit war, einen Beleg für Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Landsberger Bürgern zu erbringen und das Ausmaß dieser Taten zu erheben.
Isolde Wolf wurde 2018 für diese herausragende Leistung mit dem kbo Innovationspreis der Mental Health/Sozialpsychiatrie ausgezeichnet.
Isolde Wolf verstarb am 24.November 2020 nach schwerer Krankheit.
Ihr Archiv, alle Auswertungen sowie die Arbeit selbst hat sie am 20. November 2020 in die Obhut der Europäischen Holocaustgedenkstätte Stiftung übergeben. Ihre letzten Gedanken galten den Opfern der Zwangssterilisationen und des Krankenmords. Es war ihr Herzenswunsch, dass diesen Menschen endlich ihre Würde zurückgegeben und deren Namen der Anonymität entrissen werden.
Masterarbeit zum Thema Zwangssterilisation und Krankentötungen von Bürgern und Bürgerinnen des Landkreises Landsberg
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 1 (PDF)
Einleitung – Geographische und soziologische Daten zu Landsberg am Lech – Gebiet des Landkreises Landsberg – Bevölkerungsstruktur im Dritten Reich – Politische Strukturen in Landsberg im Dritten Reich – Politische Ebenen – Mandatsträger – Aufarbeitung der NS-Zeit in Landsberg.
von Isolde Wolf
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 2 (PDF)
Wissenschaftliches Vorgehen – Begriffsdefinitionen Zwangssterilisation – Verwendete Quellen – Kategorien von Opfern – Gesetz zur Verhütung erbranken Nachwuchses – Umsetzung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Landsberg – Gesundheitsamt Landsberg – Rolle der Kliniken Eglfing-Haar und Kaufbeuren-Irsee – Zuständige Gerichte – Auswertung – Entscheidungen der Erbgesundheitsgerichte – Untersuchung möglicher Einflussfaktoren auf die Gerichtsentscheidungen – Fallbeispiele.
von Isolde Wolf
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 3 (PDF)
Auswertung Magnusheim – Auswertung Strafanstalt Landsberg – Zwangsabtreibungen – Folgen der Zwangssterilisation – Verantwortliche Personen – Bezirksarzt Dr. Gloël – Strafanstaltsarzt Dr. Dusch – Dr. Julius Oberndorfer – Chirurg Dr. Arthur Müller – Gesundheitspflegerin Marianne G. – Landsberger Öffentlichkeit und GzVeN – Berichte der Gendarmerie Stationen – Wanderausstellung Blut und Rasse – Zeitzeugen – Landsberg im Vergleich – Zahl der Anträge nach dem GzVeN – Geschlecht der Betroffenen – Diagnose der Opfer im Antrag – Entscheidungen der Gerichte.
von Isolde Wolf
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 4 (PDF)
Landsberger Opfer der Euthanasie in Tötungsanstalten (sogenannte T4-Aktion) – Gründe für die Euthanasie – Organisation der Krankentötungen – Selektionskriterien – Verlegungen – Opfer aus dem Landkreis Landsberg – Täuschungsmanöver – Tötungsanstalten – Tötungsanstalt Grafeneck – Tötungsanstalt Hartheim bei Linz.
von Isolde Wolf
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 5 (PDF)
Landsberger Opfer der dezentralen Euthanasie – Kindereuthanasie – Kindereuthanasie in Kaufbeuren – Kindereuthanasie in Eglfing-Haar – Ausgewählte Beteiligte an den Kindermorden. Dezentrale Tötung erwachsener Patienten – Tötung durch Hunger – Tötung durch – Medikamentenvergiftung – Tötung durch Vernachlässigung und unsachgemäße Pflege – Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen natürlichen Todesfälle und Krankentötungen – Fallbeispiele – unklare Todesfälle aus dem Landkreis Landsberg.
von Isolde Wolf
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 6 (PDF)
Ausgewählte Täter – Valentin Faltlhauser – Pauline Kneissler – Dr. Pfannmüller – Ostarbeitersammelstelle Kaufbeuren – Verlegungen in Konzentrationslager – Möglicher Wissensstand der Landsberger Bevölkerung bezüglich der Krankenmorde – Zusammenfassung.
von Isolde Wolf
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 7 (PDF)
Literatur- und Quellenverzeichnis – Teil 1: Literatur – Quellenverzeichnis – Anlagen A1 bis A 18.
von Isolde Wolf
Zwangssterilisationen und Krankentötungen von Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Landsberg am Lech – Teil 8 (PDF)
Literatur- und Quellenverzeichnis – Teil 2: Quellenverzeichnis – Anlagen A19 bis A 40.
von Isolde Wolf
Alle Hintergrunddaten für die Statistiken und Auswertungen, die dazugehörigen Quellen und Archivalien, die Namenslisten der Opfer der Zwangssterilisationen und der Opfer der Krankentötungen, wurden von Frau Isolde Wolf am 19. November 2020 mit allen Rechten an die Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung (EHS) übertragen und können von der EHS unter Beachtung der Archivordnungen und der Datenschutzrichtlinien für Dritte zugänglich gemacht werden.